Vorwort zum Beitrag
Zum Auftakt deines Trainings kann es sinnvoll sein den Wiedereinstieg ins Reittraining sinnvoll zu planen. Dieser Blogartikel kann dir mit wertvollen Tipps dabei helfen wieder optimal zu starten.
Meine langjährige Schülerin, die durch ihr Studium mit längeren Reitpausen vertraut ist, teilt in diesem Beitrag wertvolle Tipps. Sie hat dir hier ganz praxisnah beschrieben was ihr hilft wieder optimal in den reiterlichen Workflow zu kommen.
Mit Achtsamkeitsübungen in dein Körpergefühl kommen ist dabei ebenso wichtig wie diene körperliche Fitness zu steigern. Das alles dient dem Ziel für dein Pferd ein guter Reiter zu sein.
Ein wichtiger Leitsatz
Zu Beginn einer jeden reitereichen Laufbahn ist es die Aufgabe das Pferd in seinen Bewegungen nicht zu stören, erst wenn das möglich ist kann der Reiter damit beginnen sein Pferd in der Bewegung zu unterstützen und zu beeinflussen.
Katrin trainiert seit vielen Jahren verschiedene Pferde mit mir. In ihrem Beitrag spiegeln sich viele meiner Trainingsanleitungen und Grundgedanken wieder. Daher freue ich mich, dass sie ihre Gedanken zu dem Thema mit uns teilt.
Praxisanleitung von Katrin Bachinger
Reiten beginnt nicht erst beim Aufsitzen sondern mit dem Kontakt mit dem Pferd, beim Putzen, Satteln,… Versuchen Sie darauf einzugehen wie es Ihnen und Ihrem Pferd heute geht, ist es müde oder energiegeladen? Locker oder entspannt? Je nach Tagesverfassung kann dann das Training in unterschiedlichen Formen wieder aufgenommen werden. Dieses sollte auf die äußeren Umstände (Bodenverhältnisse, mit oder ohne Trainer,..) und selbstverständlich auf den Ausbildungsstand von Pferd und Mensch abgestimmt werden.
Beginn mit Bodenarbeit
Es empfiehlt sich nach einer längeren (Reit-)Pause bei den ersten Trainingseinheiten verstärkt auf Boden – bzw Handarbeit zu setzen. Bei jungen oder sehr „energiegeladenen“ Pferden ist das Ablongieren zusätzlich ratsam. Ähnlich sollte beim Aufwärmen vorgegangen werden.
Auch auf das Aufwärmen und Dehnen der Reiterin wird leider oft vergessen, auch wenn sich das vorhergegangene Putzen oft nach einem kleinen Workout anfühlt – wir können von unserem Pferd keine Losgelassenheit und Geschmeidigkeit erwarten wenn wir als Reiter selbst z.B. von langen Home-Office-Einheiten verspannt sind und eventuell sogar leicht verkürzte Beinmuskeln haben. Hierfür gibt es viele Ratgeber und Übungen, wir sollten vor dem Aufsitzen ein paar Minuten für unsere eigenes Warm-up verwenden, oder wir wärmen uns eben gemeinsam mit unserem Pferd bei der Bodenarbeit auf.
Sitzen wir nun nach längerer Pause wieder auf unserem Lieblingsplatz – im Sattel - heisst es zuerst einmal fühlen, geniessen, sich-tragen-lassen, atmen und loslassen. Sich bewusst-sein auf dem Pferd. Nutzen sich die Gelegenheit für einen kleinen Neuanfang auf dem Weg zu feinerem Reiten.
Eine kleine Übung
Entweder an der Longe* mit einem verlässlichen Longenführer oder auf einem ruhigen Pferd auf einem umzäunten Platz: Zügel weg, und ein Meter mit geschlossenen Augen reiten. Es empfehlen sich einfache Bahnfiguren, z.B. Zirkel. Bei der Übung geht es darum mit allen anderen Sinnen (ausser den Augen) festzustellen wo man sich im Raum (bzw. am Platz) befindet, dem Pferd vertrauen zu können und am wichtigsten: ein besseres Körperbewusstsein zu erlangen, welches die Basis für einen losgelassenen Sitz und eine korrekte und gleichzeitig feine Hilfengebung bildet.
Die Mitte finden
Versuchen Sie im Schwerpunkt des Sattels zu sitzen, Bewusst zu atmen, die Beine nach unten wachsen zu lassen, den Kopf aufrecht zu tragen und in sich hinein zuspüren. Fragen Sie sich selbst: Wie ist meine Körperhaltung- und Spannung? Bin ich symmetrisch? Fühlen sich beide Beine gleich lang an? Ein kleiner Tipp hierfür ist ein paar runden ohne Steigbügel zu reiten, der Körper findet so besser in seinen Mittelpunkt. Sind Spannungen in meinem Körper oder im Rücken des Pferdes vorhanden? Wie bewegt sich mein Pferd, tritt es mit den Hinterbeinen unter oder drückt es den Rücken weg? Sind die Tritte z.B. auf beiden Seiten gleich lang? Diese Liste ließe sich noch lange weiterführen, die Hauptsache ist einfach mehr Gespür fürs Reiten zu erlangen, und somit auch wieder reiterlich voranzukommen.
Öffnet man die Augen wieder, kann man sich als nächste Übung auf das fokussierte und fast schon perfektionistische Reiten konzentrieren. Ist mein Zirkel wirklich rund, meine Diagonale wirklich gerade? Reite ich die Ecken aus oder nicht? Am besten übt man dies zuerst im Schritt, später kommen dann einfache Seitengänge und der versammelten Schritt bzw. Schulschritt dazu.
Go slow when you want to go far
In den ersten Trainingseinheiten gilt: „Back to Basics“ und: „Go slow“. Die Trainingsintensität und -dauer kann dann schrittweise gesteigert werden, hierbei kann keine allgemeine Empfehlung abgegeben werden da die Situation bei jedem Reiter- Pferd-Paar unterschiedlich ist, was man allgemein aber im Hinterkopf behalten kann ist, dass sich die meisten Pferde (und auch Menschen) nicht länger als 20min am Stück gut konzentrieren können, also es macht am Anfang wenig Sinn komplexe neue Lektionen einzuüben, anspruchsvolle Dressuraufgaben oder einen schwierige Springparcours zu reiten. Auch aufgrund der anhaltenden COVID Situation sollte auf risikoreiche Sparten des Pferdesports vorerst verzichtet werden.
Ein wichtiger Tipp zum Abschluss diese Texts und auch der Trainingseinheit: Gestalten Sie die Trainingseinheit so angenehm und harmonisch wie möglich, besonders der Abschluss bleibt lange im Gedächtnis. Beendet man die Einheit also mit einer einfachen Lektion, die das Pferd gut kann und lobt es dafür ausgiebig, erhält man ganz „von selbst“ ein williges Pferd. Wer wünscht sich kein Pferd das von selbst ans Tor kommt, die Trense freiwillig ins Maul nimmt und quasi darum bettelt auf dem Reitplatz neues Lernen zu dürfen?
*Bonus-Tipp: Auch bei sehr erfahrenen Reitern können gelegentliche Longenstunden mit einem erfahrenen Trainer Wunder wirken und langfristig gesehen zu großen reiterlichen Fortschritten beitragen. Empfohlene Übungen sind: Übergänge in allen Gangarten – ohne Zügel!, Tempoveränderungen innerhalb der Gangarten, Halten ohne Zügel, Rückwärtsrichten, Schulterherein und Konterschulterherein sowie das besagte Reiten mit geschlossenen Augen.
Zitat: „Die Reitkunst beginnt mit der Perfektionierung einfacher Dinge.“ Nuno Oliviera
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